Franz Kafka

Schriftsteller

* 1883    † 1924

Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.

Lebenslauf

Franz Kafka wurde am 3. Juli 1883 in Prag geboren. Er war das erste Kind seines Vaters Hermann Kafka und dessen Frau Julie, geb. Löwy. Seine jüdischen Eltern betrieben ein Geschäft mit Galanteriewaren. Die Familie lebte in einem deutschsprachigen Gebiet von Prag, sodass ausschließlich Deutsch gesprochen wurde. Allerdings beherrschten die Kafkas auch Tschechisch, mit Bediensteten war Kommunikation in diesem Sinne also auch möglich. Der Name Kafka ist eine Ableitung von kavka, dies bedeutet Dohle.

Zwischen 1885 und 1888 gebar Julie zwei Söhne, die schon als Kleinkinder starben. Doch Franz Kafka sollte sich bald über drei Schwestern freuen: Gabriele, Valerie und Ottilie erblickten zwischen 1889 und 1892 das Licht der Welt.

Franz fühlte sich in seinem Elternhaus nie wirklich wohl. Es ist keineswegs überraschend, dass seine berühmte “Verwandlung”, wo sich der Handlungsreisende Gregor Samsa eines Morgens in einen hässlichen Käfer verwandelt sieht, in einer Wohnung situiert ist, die seiner eigenen Wohnsituation fast exakt nachempfunden scheint. Dennoch hat er erst sehr spät das Elternhaus verlassen. Erstaunlich, wenn davon ausgegangen wird, dass die Ruhe zum Schreiben dort fast nicht gegeben war.

Am Besten verstand er sich mit seiner jüngsten Schwester Ottilie, genannt Ottla. Das Verhältnis zu seinen beiden anderen Schwestern muss gespalten gewesen sein.

Schulzeit, Studium und Berufsleben

Franz Kafka hat sich nie als guten Schüler oder Studenten gesehen. Er war Jahr für Jahr verwundert, überhaupt eine Klasse aufzusteigen bzw. die nächste Stufe beim Studium zu erklimmen. Nach dem Besuch der Deutschen Volks- und Bürgerschule quälte er sich - nach eigener Einschätzung - im Altstädter Deutschen Gymnasium bis zum Abitur im Jahre 1901.

Gerade mal zwei Wochen studierte er Chemie. Das im Herbst des Jahres 1901 begonnene Jura-Studium schloss er am 18. Juni 1906 mit der Promotion zum Dr. juris ab. Die Leistungen waren ausreichend gewesen, mit ein wenig Pech hätte die Promotion aber durchaus misslingen können. Die Prüfungskommission entschied sich mit hauchdünner Mehrheit für eine positive Note.

Franz Kafka hatte schon in seiner Jugend gerne geschrieben, und sehr gerne gelesen. Das Jahr 1908 brachte eine erste Veröffentlichung mit sich. Acht Prosastücke erschienen in der von Franz Blei herausgegebenen Zeitschrift “Hyperion”. Im Juli dieses Jahres trat er als Aushilfsbeamter in die “Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt für das Königreich Böhmen in Prag ein. Diese berufliche Möglichkeit hatte er nur mittels Protektion bekommen können, ansonsten war es nahezu ausgeschlossen, in diesem Feld tätig zu werden.

Er erwirkte, dass er bloß von acht bis vierzehn Uhr, allerdings auch Samstags, zur Arbeit eingeteilt war. Im Jahr zuvor, also 1907, war er für kurze Zeit Aushilfskraft in der “Assicurazioni Generali” in Prag gewesen.

Sein Beruf setzte Franz Kafka ein Arbeitsleben lang zu. Er litt unter seiner Gefangenschaft im Büro, weil sie ihn vom Schreiben abhielt. Nur ein streng geregelter Tagesablauf, den er genau einzuhalten bemüht war, konnte bewirken, dass er auch während dieser für ihn mühsamen Zeiten an seinen Erzählungen und den Romanfragmenten arbeitete. Im Laufe der Jahre wurde er zu Dienstreisen eingeteilt, um sich etwa vor Ort von den Arbeitsschutzbedingungen in Fabriken zu überzeugen. Er schrieb Abhandlungen darüber, wie ein besserer Arbeitsschutz möglich sei. Viele Fabrikarbeiter hatten grauenvolle Unfälle, die mit Fotos dokumentiert waren. Schon 1910 wurde er zum “Anstaltskonzipist” befördert. Zwei Jahre vor seiner Pensionierung im Jahre 1922 aufgrund seiner schweren Lungenkrankheit nahm er den Rang eines Anstaltssekretärs ein.

Der Schriftsteller

Franz Kafka meinte über sich: “Ich bin Literatur!” Und wer sich mit seinen Romanen, Erzählungen und kleinen Skizzen auseinandersetzt, wird nicht umhin können, dass er damit eine innere Wahrheit zum Ausdruck gebracht hat. Als ihn sein bester Freund Max Brod, mit dem er seit 1902 eng verbunden war, einmal fragte, was sein Berufswunsch sei, antwortete Franz Kafka sinngemäß: “Einen Beruf habe ich schon: Schriftsteller. Ich brauche nur noch eine Tätigkeit, mit der ich mein Auskommen finde.” Das Paradoxe an dem Ganzen ist, dass das literarische Schaffen von Franz Kafka ohne seinen Erfahrungen als Jurist schwer denkbar wäre. “Der Prozess”, entstanden innerhalb eines halben Jahres zwischen Mitte 1914 und Anfang 1915, stellt den Protagonisten Josef K. in den Mittelpunkt, der eines Morgens von zwei Wächtern in seiner Wohnung aufgesucht wird. Diese teilen ihm mit, dass er verhaftet sei. Den Grund der Verhaftung wird Josef K. bis zu seinem bitteren Ende nicht erfahren. Die Eigenarten der Bürokratie werden auf eine Weise dargestellt, die bis heute als einzigartig zu bezeichnen sind. Ein Stück weiter geht Kafka mit seinem Roman “Das Schloss”, das im Jahre 1922 entstanden ist, also zu einer Zeit, in die auch seine Pensionierung fällt. Der Protagonist K. ist Landvermesser, der mit einem Auftrag in ein kleines Dorf kommt, wo niemand auf ihn wartet. Meisterlich beschreibt Kafka die Aussichtslosigkeit, mit der K. versucht, zu seinem Recht zu kommen und in Erfahrung zu bringen, dass er einen Auftrag zu erfüllen hat. Er würde gerne ins Schloss vordringen, schließlich sollen dort höhere Beamte residieren und wichtige Entscheidungen treffen. Aber es stellt sich als unmöglich heraus, auch nur in die Nähe des Schlosses vor zu dringen. Da nutzen auch die zwei Gehilfen nichts, die K. zu seiner Unterstützung zugewiesen sind. K. kapituliert nicht vor der überbordenden Bürokratie, die ihn an seiner Arbeitsaufnahme hindert. Er nimmt sogar in Kauf, zeitweilig unter unmöglichen Bedingungen im Klassenzimmer einer Schule unterzukommen. Mehr noch als im “Prozess” laufen die Dinge so ab, dass an eine rationale Erklärung der Sachlage nicht zu denken ist.

Am ersten Roman “Amerika” arbeitete Kafka zwischen 1911 und 1914. Hierbei sticht die Komik hervor. Der blutjunge Karl Roßmann wird nach Amerika geschickt, weil ihn ein Dienstmädchen verführt und sie ein Kind von ihm bekommen hat. “Der Heizer”, der erste Teil des Romans, handelt fast ausschließlich von einem Gespräch zwischen Roßmann und einem Heizer, der auf der Überfahrt mittels Schiff nach Amerika stattfindet. Danach spielt sich das Szenario ausschließlich in Amerika ab, wo Kafka übrigens nie gewesen ist. Manche Szenen haben eine an Charlie Chaplin gemahnende Dynamik, dann wieder gibt es hochdramatische, emotionale Sequenzen. Roßmann schlägt sich als Liftjunge durch, gerät von einer Unmöglichkeit in die nächste, schließt sich zwielichtigen Gestalten an, ehe er eine Anzeige liest, dass das “Naturtheater von Oklahoma” Schauspieler sucht.

Das Gemeinsame an allen drei Romanen Kafkas ist, dass sie als unvollendet gelten. Zwischen den Kapiteln gibt es oft enorme Zeitsprünge oder erneuerte Handlungsstränge. Außer “Der Heizer”, also einem kleinen Teil des “Amerika”-Romans, der 1913 vom Kurt Wolff Verlag veröffentlicht wurde, erschien keiner der drei Romane zu Kafkas Lebzeiten. Kafka legte auch gar keinen Wert darauf, verlegt zu werden. Wenn Max Brod ihn nicht mit Verlagen in Kontakt gebracht und von ihm geschwärmt hätte, wäre wohl so gut wie nichts aus Kafkas Feder zu seinen Lebzeiten erschienen.

1915 kam es zur Veröffentlichung von “Die Verwandlung”, einer Erzählung, die wohl hunderttausende Male interpretiert worden ist. Der Anfangssatz der Geschichte gilt längst als einer der besten ersten Sätze der Literaturgeschichte: “Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt.” In dieser Erzählung wie auch in seinen Romanen und einigen weiteren Texten ist die tragikomische Komponente hervorstechend. Kafka war nicht, wie viele zu glauben meinen, ein trauriger, ernsthafter Zeitgenosse, dessen literarische Arbeiten nur ein Spiegelbild seiner Melancholie und Lebensunfähigkeit sind. Ganz im Gegenteil: Für Kafka war es wichtig, komische Elemente in seine Literatur einzubauen. Denkt man sich diese weg, so wäre Kafkas Schaffen sicher nicht als dermaßen genial anzusehen, wie es zurecht rezipiert wird. So sehr “Die Verwandlung” grauenhaft endet, so ist die Vorgeschichte von einer fast schon einmaligen Komik. Denn der Handelsreisende Gregor Samsa möchte trotz seiner Verwandlung in einen hässlichen Käfer unbedingt weiter auf Reisen gehen, ja sogar den nächstbesten Zug erreichen. Seine Familie ist von seinen Einkünften abhängig und so gilt es keine Zeit zu verlieren. In seiner Gestalt als Käfer ist es allerdings ausgeschlossen, seinem Beruf weiter nachzugehen. Vater, Mutter und Schwester dulden den “neuen” Hausbewohner, die Schwester bringt ihm immerhin zu essen, doch eines Tages endet die Käferexistenz von Gregor Samsa mit seinem Tode.

Über Franz Kafkas literarische Werke sind schon unzählige Interpretationen angestellt worden. Es wäre müßig, darüber zu spekulieren, ob es einheitliche, ja objektive Erkenntnisse geben mag. Tatsache ist, dass es Max Brod hoch anzurechnen ist, der die - allerdings wohl nicht zu nachdrücklich geäußerte - Bitte seines Freundes, sämtliche Werke nach seinem Tode zu vernichten, nicht erfüllt hat. Vielmehr sah es Max Brod als seine Aufgabe an, den literarischen Nachlass seines Freundes nach und nach zu ordnen und zu veröffentlichen. Ohne das Zutun von Max Brod hätte die Nachwelt Franz Kafka aller Wahrscheinlichkeit nach nicht als Schriftsteller dieser brillanten Auswüchse wahrgenommen. Dessen ungeachtet war die Literatur Kafkas in kommunistischen Ländern lange Zeit verboten. Es verwundert nicht, dass die berühmte Kafka-Konferenz, abgehalten 1963, Kafka zu Ehren angesetzt worden war. Dem Umgang mit dem Werk Kafkas musste ein Spiegel vorgehalten werden.

Franz Kafka lag im Sterben und sein nahender Tod war ihm bewusst, als er kleine Korrekturen seines letzten Werkes, der Erzählung “Josefine, die Sängerin oder Das Volk der Mäuse” vornahm. Er ist fester Bestandteil der Literaturgeschichte und wird dies für immer bleiben. Dies stellt ihn in eine Reihe mit Shakespeare, Goethe oder James Joyce.

Kafka und die Frauen, seine große Liebe

Das Verhältnis von Franz Kafka zum anderen Geschlecht war schwierig. Er wurde von seinem schwierigen Verhältnis zum Vater beherrscht, dem er sich sein Leben lang unterlegen fühlte, wie auch aus seinem berühmten, nie abgeschickten “Brief an den Vater” hervorgeht. Zudem glaubte er, den Anforderungen eines gemeinsamen Haushaltes, ja einer eigenen Familie nicht zu genügen, wenn es dazu kommen sollte. So verwundert es nicht, dass er sich zwar mit Felice Bauer und Julie Wohryzek, zwei völlig unterschiedlichen Charakteren, verlobte, jedoch nie darüber hinaus kam, und lieber Briefe schrieb als persönlich mit den Frauen zusammen zu sein. Er schämte sich für seinen Körper und es ekelte ihn vor dem Geschlechtsakt, auch wenn er dem Geschlechtstrieb durchaus sogar mit Prostituierten nachgab.

Seine einzige, große Liebe begegnete ihm erst kurz vor seinem Tod. Dora Diamant lernte er in Müritz an der Ostsee kennen. Gemeinsam mit ihr lebte er zwischen September 1923 und März 1924 in Berlin. Sein schlechter Gesundheitszustand ließ ihn im April 1924 in ein Sanatorium in Ortmann, Niederösterreich, reisen. Dora Diamant war bis zu seinem Tod an seiner Seite. Sie pflegte ihn in seinen letzten Tagen gemeinsam mit Robert Klopstock.

Der Brief- und Tagebuchschreiber

Das literarische Werk von Franz Kafka, das uns zugänglich ist, besteht aus drei unvollendeten Romanen und einigen Erzählungen. Es ist also keineswegs umfangreich, sondern gut überschaubar. Nichts desto trotz gehört es zum Besten, was die deutschsprachige Literatur aufzuweisen hat. Als Autor legte er hohen Wert auf Qualität, auch wenn er immer der Auffassung war, es sei bloß ein Geschreibsel, was er so zu Papier brächte. Jedoch war er als Briefschreiber schon fast ein Besessener. Er schrieb, wenn es zeitlich ging, täglich mehrere Briefe in unterschiedlichste Richtungen. Die Briefe an Felice (Bauer) und Milena (Jesenska) sind selbst schon in den Wert höherer Literatur aufgestiegen. Sogar seinem Freund Max schrieb er, obzwar sie beide in Prag lebten, oft täglich ein oder zwei Briefe. Ab 1909 schrieb Franz Kafka auch regelmäßig Tagebuch. Diese zeigen ihn in einem für manchen Leser wohl neuen Licht. Wer Kafka liest und seine Tagebücher davon ausnimmt, der versäumt allemal Wesentliches.

Kafka und Prag

Wer Kafka sagt, muss Prag immer mitdenken. Wer diese wunderschöne Stadt besucht, der wird an allen Ecken und Enden an Orte kommen, die Kafkas Feder entsprungen sein könnten oder mögen. Kafka hat oft den Wunsch geäußert, Prag zu verlassen, dies aber letztlich nur gegen Ende seines Lebens getan. Nach Berlin wollte er und sogar nach Palästina. Doch er blieb Prag treu, und sein literarisches Werk ist im Grunde undenkbar ohne den Hintergrund seiner Geburtsstadt.

Kafka und das Judentum

Kafka wuchs in einer jüdischen Familie auf, allerdings in keine streng gläubige. Natürlich wurde er mit der Bar-Mizwa-Feier, die am 13. Juni 1896 begangen wurde, in die Gemeinschaft der Gläubigen als gleichwertiges Mitglied aufgenommen. Kafka las als Nachweis seiner religiösen Reife einen Abschnitt aus der Tora vor. Kafka nahm im Winter 1922/1923 Hebräisch-Unterricht. Er war sehr motiviert, die Sprache zu erlernen und ein gelehriger Schüler. Ob er auch Zionist gewesen ist, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen.

An den grauenhaften Schicksalen seiner Schwestern Gabriele, Valerie und Ottilie wird erkennbar, was auf Kafka im Falle des Überstehens seiner Krankheit hätte warten können. Die drei Schwestern wurden im Holocaust in Vernichtungslagern umgebracht.

Krankheit und Tod

Franz Kafka war Zeit seines Lebens von schwächerer, körperlicher Konstitution. Er war schlank, angesichts seiner Körpergröße wohl untergewichtig. Er suchte sich körperlich zu ertüchtigen, besuchte gerne eine Schwimmschule an der Moldau, ruderte und wendete sich gerne der Gartenarbeit zu. Zudem betrieb er regelmäßig Gymnastik. Er ernährte sich gesund, war Vegetarier. Doch im August 1917 erlitt er einen Blutsturz. Dies war das Anzeichen der beginnenden Lungentuberkulose. Trotzdem war er noch fünf Jahre, unterbrochen von Kuraufenthalten, berufstätig. Er schrieb mit ungebrochener Leidenschaft und wendete sich immer wieder neuen Aufgaben zu.

Ab April 1924 ist er im Sanatorium Hoffmann in Kierling bei Klosterneuburg, gemeinsam mit Dora Diamant und Robert Klopstock. Der ausgebrochene Kehlkopfkrebs macht es ihm fast unmöglich, zu sprechen, zu trinken und zu essen. Seine letzten Tagen müssen eine schreckliche Qual gewesen sein.

Er versuchte in seinem letzten Brief seine Eltern zu beruhigen. Dieser Brief entstand einen Tag vor seinem Tod. Er ist auszugsweise wiedergegeben und macht bewusst, dass er bis zum letzten Atemzug ein Schriftsteller, ja “Literatur” gewesen ist:

“Liebste Eltern, also die Besuche, von denen Ihr manchmal schreibt. Ich überlege es jeden Tag, denn es ist für mich eine sehr wichtige Sache. So schön wäre es, so lange waren wir schon nicht beisammen, das Prager Beisammensein rechne ich nicht, das war eine Wohnungsstörung, aber friedlich ein paar Tage beisammen zu sein in einer schönen Gegend, allein, ich erinnere mich gar nicht, wann das eigentlich war, einmal ein paar Stunden in Franzensbad. Und dann "ein gutes Glas Bier" zusammen trinken, wie Ihr schreibt, woraus ich sehe, dass, dass der Vater vom Heurigen nicht viel hält, worin ich ihm hinsichtlich des Bieres auch zustimme. Übrigens sind wir, wie ich mich jetzt, während der Hitzen öfters erinnere, schon einmal regelmäßig gemeinsame Biertrinker gewesen, vor vielen Jahren, wenn der Vater auf die Zivilschwimmschule mich mitnahm.

Das und vieles andere spricht für den Besuch, aber zu viel spricht dagegen. Nun, erstens wird ja wahrscheinlich der Vater wegen der Paßschwierigkeiten nicht kommen können. Das nimmt natürlich dem Besuch einen großen Teil seines Sinnes, vor allem aber wird dadurch die Mutter, von wem immer sie auch sonst begleitet sei, allzusehr auf mich hingeleitet sein, auf mich verwiesen sein und ich bin noch immer nicht sehr schön, gar nicht sehenswert. Die Schwierigkeiten der ersten Zeit hier und in Wien kennt Ihr, sie haben mich etwas heruntergebracht; sie verhinderten ein schnelles Hinuntergehen des Fiebers, das an meiner weiteren Schwächung arbeitete; die Überraschung der Kehlkopftuberkulose schwächte in der ersten Zeit mehr, als sachlich ihr zukam.-

Erst jetzt arbeite ich mich mit der in der Ferne völlig unvorstellbaren Hilfe von Dora und Robert (was wäre ich ohne sie!) aus allen diesen Schwächungen hinaus. Störungen gibt es auch jetzt, so zum Beispiel ein noch nicht ganz überwundener Darmkatarrh aus den letzten Tagen. Da alles wirkt zusammen, dass ich trotz meiner wunderbaren Helfer, trotz guter Luft und Kost, fast täglichen Luftbadens noch immer nicht recht erholt bin, ja im Ganzen nicht einmal so im Stande, wie etwa letzthin in Prag. Rechnet Ihr noch hinzu, dass ich nur flüsternd sprechen darf und auch dies nicht zu oft, Ihr werdet gern auch den Besuch verschieben. Alles ist in den besten Anfängen - letzthin konstatierte ein Professor eine wesentliche Besserung des Kehlkopfes und wenn ich auch gerade diesem sehr liebenswürdigen und uneigennützigen Mann - er kommt wöchentlich einmal mit eigenem Automobil heraus und verlangt dafür fast nichts . . . , so waren mir seine Worte doch ein großer Trost - alles ist wie gesagt in den besten Anfängen, aber noch die besten Anfänge sind nichts; wenn man dem Besuch - und gar einem Besuch wie Ihr es wäret - nicht große, unleugbare, mit Laienaugen meßbare Fortschritte zeigen kann, soll man es lieber lassen. Sollen wir es nicht also vorläufig bleiben lassen, meine liebe Eltern?”

Franz Kafka starb am 3. Juni 1924. Er wurde in Prag auf dem neujüdischen Friedhof beerdigt. Am Familiengrab erinnert eine Gedenktafel an seine im Holocaust ermordeten Schwestern.

Biographien

Über Franz Kafka wurden zahlreiche Biographien geschrieben. Besonders hingewiesen werden soll auf die Jugendbiographie von Klaus Wagenbach sowie jene von Reiner Stach. Der Biograph hat sich - teilweise unter schwierigen Bedingungen - achtzehn Jahre lang mit Franz Kafka, dessen Leben und Wirken beschäftigt.

Theater, Verfilmungen, Kafka-Band

Romane und Erzählungen von Franz Kafka wurden für das Theater und den Film adaptiert. So markierte etwa Karl Merkatz den Affen im “Bericht für eine Akademie” im Jahre 1982 sehr galant.

Die Verfilmung von “Der Prozess” in der Regie von Orson Welles mit Anthony Perkins in der Hauptrolle des Josef K. und Romy Schneider in der Rolle der Leni aus dem Jahre 1962 ist eine gute Annäherung. Die vielleicht beste Adaption eines Kafka-Stoffes für den Film ist Michael Haneke mit “Das Schloß” geglückt, einer Produktion des Jahres 1997 mit Ulrich Mühe als K. und Susanne Lothar als Frieda.

Ein besonders spannendes Projekt ist jenes der “Kafka Band”, die sich zum Ziel gesetzt hat, Texte von Kafka auf moderne Art und Weise zu vertonen. Gegründet u.a. vom Autor Jaroslav Rudis, der auch als Sänger agiert, wurde 2014 “Das Schloß” veröffentlicht. Es gab bereits Live-Auftritte in Deutschland, Tschechien und der Schweiz.

Wer war Kafka?

Es gibt wohl kaum einen Menschen, über den soviel bekannt ist und über dessen Persönlichkeit dennoch nur spekuliert werden kann. Kafka hat sich nicht angreifbar gemacht, er war und ist schwer zu fassen. Noch soviel Lektüre, egal ob literarische Werke, Tagebücher, Briefe oder Sekundärliteratur, scheinen Franz Kafka greifbar zu machen. Irgendwie entzieht er sich dem Zugriff. Somit ist davon auszugehen, dass noch viele wissenschaftliche Arbeiten, Dissertationen oder auch literarische Annäherungen erscheinen werden, ohne Franz Kafka tatsächlich ein Stück näher zu kommen. Dies macht wohl die Einzigartigkeit dieses Schriftstellers aus, nämlich dass er uns allen ein Rätsel bleibt, die wir mit ihm und seinem literarischen Werk konfrontiert sind.

Gedenkorte

Franz Kafka - Büsten in Prag

Vor und im Kafka-Museum

Gedenkstätte der Familie Kafka auf dem neujüdischen Friedhof in Prag

Weblinks und Quellen

franzkafka.de

wikipedia

Tagebücher von Franz Kafka

Wir erinnern uns

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Erinnerung von Jürgen Heimlich   08.11.2016

Eines Tages, ich war vielleicht 19 Jahre alt, fragte mich eine Mitschülerin der Abendschule, wie ich denn "Das Urteil" von Franz Kafka einschätze. Sie wandte sich an mich, weil ich stets gute Aufsätze und Referate in Deutsch ablieferte und glaubte, ich hätte auch viel Ahnung von Literatur. Ich sagte ihr, dass diese Geschichte für mich sehr geheimnisvoll, im Grunde kaum zu deuten sei. Sie meinte dann, dass sie eine ähnliche Erfahrung mit der Lektüre gemacht habe. Tatsache ist, dass ich bis zu diesem Zeitpunkt weder "Das Urteil" noch sonst etwas von Franz Kafka gelesen hatte. Doch nunmehr war ich motiviert, diese Lücke aufzufüllen. Ich las zunächst den "Prozess" und danach die beiden anderen Romane sowie sämtliche Erzählungen, alles innerhalb kürzester Zeit. Heute, über 25 Jahre später, ist Franz Kafka mein Lieblingsautor. Wer weiß, ob dies der Fall wäre, hätte mir meine Mitschülerin nicht diese spezifische Frage gestellt. Danke dafür an dieser Stelle, liebe Silvia!

Verbunden mit der Familie

Julie Kafka

Julie Kafka

Mutter
*1856 †1934
Hermann Kafka

Hermann Kafka

Vater
*1852 †1931
Ottilie Davidová

Ottilie Davidová

Schwester
*1892 †1943
Valerie Pollak

Valerie Pollak

Schwester
*1890 †1942
Gabriele Kafka

Gabriele Kafka

Schwester
*1889 †1942